28.01.21
Etikette - Verhaltenskodex für das (Winter-)Wandern
Etikette
Verhaltenskodex für das (Winter-)Wandern
Text: Mara Biebow - trekking-lite-store.com │ Foto: Christoph Wedemann
Als Wanderer (oder Bikepacker, oder Packrafter, oder, oder, oder) bewegen wir uns in der Natur. Wir durchstreifen sie und entdecken immer wieder neue, vielleicht sogar unberührte Ecken. Wir finden Entspannung und Action gleichermaßen und begegnen unzähligen Gleichgesinnten. Damit uns die Natur und damit auch die Bewegung in ihr uns lange erhalten bleibt, gibt es so etwas wie einen inoffiziellen Verhaltenskodex, den jeder Wanderer quasi im Herzen trägt und beachtet. Er dient dazu, die Natur mit ihrer Tier- und Pflanzenwelt zu schützen sowie anderen Wanderern ein ebenso schönes Erlebnis zu ermöglichen, wie man es selbst hat. Lies diese „Regeln“ nicht als Muss, sondern eher als kleinen Impuls, als Inspirationsquelle oder Gebote für richtiges Verhalten auf der nächsten Wanderung. Wahrscheinlich beachtest du einen Großteil davon ohnehin schon.
Wichtig: Besonders in Schutzgebieten und Nationalparks solltest du dich vorher genau mit den dort herrschenden Verhaltensregeln und Verboten auseinandersetzen und dich an diese halten. Diese sind meist schärfer als außerhalb und richtiges Verhalten schützt das empfindliche Ökosystem.
Von A wie Anfahrt bis Z wie Zellophan
Schon die Anreise solltest du versuchen so zu organisieren, dass du einen negativen ökologischen Einfluss meiden kannst. In dichter besiedelten Regionen und Feriengebieten lohnt es sich auf jeden Fall mal die Buspläne zu checken. In anderen, besonders ländlichen Regionen ist das Auto dagegen oft alternativlos, um zum Startpunkt der Wanderung zu kommen. Wenn es die Pandemiesituation (irgendwann) wieder zulässt, kannst du vielleicht eine Fahrgemeinschaft organisieren.
Markierte Wege gibt es aus gutem Grund. Insbesondere in Naturschutzgebieten oder Reservaten solltest du es möglichst vermeiden, „offroad“ zu wandern und lieber auf den ausgeschilderten Strecken bleiben. So kommst du gar nicht in die Verlegenheit, seltene Pflanzen zu zertreten oder empfindliche Böden zu zerstören. Auch das Wild wird es dir danken, wenn du es nicht durch irgendwelche Abkürzungen aufschreckst. Also wenn mal wieder jemand mit diesem allseits beliebten Satz um die Ecke kommt: „Ich kenne da eine Abkürzung!“ Dann darfst du getrost mit Hinweis auf Abstand zu Tieren und Schutzstatus ablehnen.
Beim Wandern und Bergsteigen muss man Essen. Und wer isst produziert meistens zumindest ein bisschen Müll (Zellophan steht nur stellvertretend für allen erdenklichen Abfall). Es sollte selbstverständlich sein, seinen eigenen Müll wieder mitzunehmen. Und ja, dazugehört auch „Bioabfall“, wie der Apfelrest oder die Bananenschale. Auch das muss erst einmal verrotten und das kann bei einer Bananenschale oder Orangenresten auch mal fünf Jahre dauern. Extra Karmapunkte gibt es übrigens, wenn du den Müll anderer (wir verkneifen uns mal eine passende Bezeichnung für solche Menschen) aufsammelst.
Aufmerksam und mit Rücksicht unterwegs
Besonders im Winter solltest du immer mit einem halben Auge das Wetter beobachten. Gerade in den Bergen kann aus „strahlender Sonnenschein“ in sekundenschnelle „Weltuntergang mit Gewitter“ werden. Wenn du dir unsicher oder sich das Gewitter in der Ferne zusammenballt, kehr lieber um. Im Winter wird es außerdem schon am späten Nachmittag ziemlich dunkel, besonders dann, wenn der Himmel bewölkt ist. Also: Sorgfältige Planung, Uhr und Wetter im Blick behalten und nicht auf Teufel komm raus die Wanderung beenden wollen.
Verhalten bei Gewitter
Gewitter zählen zu den größten Gefahren auf einer Wanderung. Vollkommene Sicherheit bei Gewitter bietet nur eine Hütte mit Blitzableiter im Tal oder ein Fahrzeug. Schaffst du es nicht mehr in einer solchen Schutz zu suchen, dann meide alle auf irgendeine Weise exponierten Stellen. Dazu gehören zum Beispiel Gipfel, Grate oder Hochebenen. Metallgegenstände wie Fahrrad, Stahlsicherungen und ähnliches sollten sich in einem möglichst weiten Abstand von dir befinden. Gleiches gilt für Masten, einzeln stehende Bäume und Wasser. Such dir eine Senke, hock dich auf eine isolierende Unterlage (dein trockener Rucksack, ein Kletterseil, o.ä.), presse Beine und Füße aneinander, zieh den Kopf ein und warte ab.
Wandern und Fotografieren gehören irgendwie zusammen. Doch selbst das schönste Foto ist es nicht wert, sich oder andere dafür in Gefahr zu bringen (auch wenn manch einer in den sozialen Medien etwas anderes behaupten würde). Wenn du Kamera oder Handy nicht gefahrlos zücken kannst, dann lass es lieber und erfreue dich am Anblick. Mentale „Fotos“ sind schließlich auch was schönes.
Zum Wandern mit Hund werden wir sicher nochmal einen eigenen Beitrag schreiben. Kurz zusammenfassen, wollen wir die wichtigsten Punkte trotzdem. In den meisten Schutzgebieten herrscht Leinenpflicht. Halte dich unbedingt daran. Selbst der wohlerzogenste Hund kann mal stiften gehen und Wild aufscheuchen oder andere Wanderer belästigen. Sollte dieser dann noch ngst vor Hunden haben, kann das schnell zu unangenehmen oder gar gefährlichen Situationen führen. Hilfreich sind auch Kommandos wie „Voran“, „Warte“ oder „Hinter mir“, zum Schutz und Sicherheit deines vierbeinigen Partners, zum Beispiel bei Engpässen oder schmalen Graten. Und dass die Hinterlassenschaften eingesammelt werden, ist eh klar, oder?
Miteinander
Apropos Wild aufscheuchen: Auch wir selbst können zum Störfaktor werden, wenn wir zum Beispiel von den Wegen abweichen. Aber auch laute Unterhaltungen im ansonsten stillen Wald oder Musik stören Wildtiere und Mitwanderer. Und so schwer ist es ja auch nicht, entweder nur gedämpft zu reden oder wenn man Musik braucht, Kopfhörer mit zu nehmen.
In beliebten Wintersportgebieten begegnen sich Winterwanderer, Skifahrer und Langläufer meist an irgendeiner Stelle. Hier ist gegenseitige Rücksichtnahme auf allen Seiten gefordert. Auch in weniger frequentierten Gebieten, sollte man als Winterwanderer nicht über die Spuren der Skitouren-Fahrer latschen. Der nächste wird sich freuen, dass er eine vorhandene Spur nutzen kann und nicht selbst spuren muss.
Wenn Erste Hilfe geleistet werden muss, versteht es sich von selbst, dass man das tut. Auch deshalb ist ein Erste Hilfe Set im Rucksack so wichtig. Und natürlich: Lächeln und Grüßen. Ein fröhliches „Servus“, „Hallo“ oder „Moin“ tut nicht weh, ebenso wenig wie gegenseitige Unterstützung. Egal ob ein gemeinsamer Blick auf die Karte, ein Taschentuch oder ein ermutigendes Wort: Kleine Gesten bereichern jede Wanderung. Schließlich sind wir alle aus dem gleichen Grund unterwegs: Wir lieben das Wandern.